KFOR-Einsatz weiter reduziert: Deutsche Soldaten verlassen bald Lager in Prizren
Bundeswehr macht im Kosovo Platz für Innovationspark

Die Bundeswehr verlässt das Feldlager in Prizren: Bevor das am Ende des Jahres tatsächlich der Fall ist, zeigt Oberstleutnant Christian Kiesel (rechts), Kommandeur des deutschen Einsatzkontingents und des Weidener Artilleriebataillons, Kurt Seggewiß (links) aber noch das Gelände. Bild: Julian Trager
 
Offizielles Foto mit Weidens OB Kurt Seggewiß (Dritter von rechts), Kommandeur Christian Kiesel (Vierter von rechts) und Weidener Ortsschild.

Der Bundeswehreinsatz im Kosovo wird immer kleiner: Das Feldlager in Prizren ist bald Geschichte. Dort soll ein Innovationspark für die kosovarische Jugend entstehen - mit deutscher Hilfe.

Pristina/Prizren. Schlussverkauf im Feldlager in Prizren, alles muss raus. Neben der Tür eines Geschäfts hängt ein Plakat: "Sale", bis zu 60 Prozent auf bekannte Sportmarken. Hundert Meter weiter liegen Holzbretter auf einem Haufen, rote Kabel und Eisenstangen schauen heraus. Es wird entrümpelt, die Händler versuchen ihre Waren an die Soldaten zu bringen. Bald ist hier alles vorbei. Die Bundeswehr verlässt das Lager im Süden des Kosovos - nach fast 20 Jahren.

Das Ende des deutschen Kosovo-Einsatzes sei das aber nicht. Oberstleutnant Christian Kiesel, Kommandeur des 49. deutschen KFOR-Einsatzkontingents, erklärt: "Wir engagieren uns weiter." Vom Hauptquartier der KFOR in der Hauptstadt Pristina aus. Rund 80 Soldaten sind dann der deutsche Beitrag zum multinationalen Einsatz. Die Aufgaben: Verwaltung, Betreuung und Informationsbeschaffung im zivilen Umfeld.

Mission ist ein Erfolg

Die Bundesrepublik reduziert ihr KFOR-Einsatzkontingent weiter. Bereits jetzt sind nur noch etwa 400 deutsche Soldaten da. Seit 1999 ist die Bundeswehr im Kosovo präsent, zeitweise mit 6500 Soldaten. Es ist der längste Auslandseinsatz der deutschen Armee. Und der Einsatz, der in Vergessenheit geraten ist. Das liegt daran, dass es dort ruhig ist - die KFOR-Mission ist ein Erfolg.

Gehen Bundeswehrsoldaten durch Prizren, winken ihnen kosovarische Kinder zu, ein kleiner Bub salutiert und lächelt. Die Deutschen grüßen zurück. Als die Männer im Flecktarn an einem Café vorbeigehen, sprintet ein junger Kellner hinterher. Sein Chef würde sie gerne einladen. Die Soldaten lehnen ab, Gebot der Neutralität. Kommandeur Kiesel sagt: "Da ist eine tiefe Dankbarkeit, Respekt und Anerkennung in der Bevölkerung für uns Deutsche in Prizren. Das ist wirklich schön." Die Menschen haben dort nicht vergessen, dass die Bundeswehr mit ihrem Eingreifen den Völkermord der Serben an den Albanern stoppte.

Wehmut in Prizren

Auch der Bürgermeister von Prizren, Mytaher Haskuka, nicht. Dass die Deutschen aus der Region abziehen, tue ihm leid. Er verspüre Wehmut. Und sagt: "Die deutsche Präsenz wäre hier willkommen." Ist aber nicht mehr nötig. Das Zusammenleben im Raum Prizren, mit rund 230 000 Einwohnern, klappt - gleichwohl nur noch 137 Serben hier leben. Früher waren es mehrere Tausend. "Die Sicherheitslage im Kosovo ist stabil, okay", sagt Kiesel. Im Norden, wo viele Kosovo-Serben leben, ist sie jedoch "deutlich fragiler". Erst vergangene Woche kam es dort zu Spannungen zwischen Serbien und dem Kosovo. Der serbische Politiker Marko Duric wurde festgenommen, Tränengas und Blendgranaten eingesetzt. Ein Soldat in Pristina sagt: "Wenn man im Kosovo zur falschen Zeit am falschen Ort ist, kann's gefährlich werden. Und im Kosovo gibt's viele falsche Zeiten und Orte."

Die junge Republik - vor zehn Jahren hat sie die Unabhängigkeit ausgerufen - kämpft mit vielen Problemen. Korruption, Kriminalität, Arbeitslosigkeit. Die Situation ist frustrierend für viele Kosovaren. Prizrens Bürgermeister Haskuka sieht ein Problem in der EU: "Es ist an der Zeit, dass die fünf EU-Länder, die den Kosovo nicht anerkennen, das endlich tun." So hätte Serbien keinen Grund mehr, die Krise am Leben zu lassen. Auch wenn es nicht so aussieht - es hat sich viel getan im Kosovo seit dem Krieg. Das sagen vor allem die Soldaten, die zum wiederholten Mal im Land sind. Der größte und wichtigste Fortschritt: Es herrscht Frieden. Auch politisch bewegt sich etwas, Arbeitsplätze kommen. Die Bundeswehr kann dabei aber nicht mehr helfen.

Rückbau läuft nach Plan

Das 49. deutsche KFOR-Einsatzkontingent hat andere Aufgaben. "Unser Schwerpunkt ist der Rückbau des Feldlagers Prizren und die Rückführung von nicht mehr benötigtem Material nach Deutschland", sagt Kommandeur Kiesel. Etwa die Hälfte des Materials ist bereits weg. "Wir sind im Zeitplan," sagt Kiesel. Ziel sei es, das Kontingent ab September von Pristina aus zu führen. Ende des Jahres soll das Lager in Prizren verlassen werden. Im ersten Quartal 2019 ist geplant, dass Lager an die Vereinten Nationen (UNMIK) zu übergeben.

Und was geschieht mit dem Lager, das so groß ist wie 56 Fußballfelder? Wie wird die vorhandene Infrastruktur genutzt? Immerhin hat die Bundeswehr dort seit 1999 mehr als 40 Millionen Euro investiert, unter anderem eine große Truppenküche hingestellt. Geplant ist ein Innovations- und Ausbildungspark, der Raum für Firmen, Forschung und Wissenschaft bieten soll. Ein Treffpunkt der kosovarischen Jugend und Intelligenz. Eine deutsch-kosovarische Kooperation, die Bundesrepublik will den Kosovo weiter stabilisieren. Ein Trost für Haskuka, den Bürgermeister von Prizren: "Das ist eine gute Idee. Und ein positiver Aspekt des Abzugs der Truppen aus Prizren."

Besuch von SeggewißDas Artilleriebataillon 131 aus Weiden ist mit fast 100 Soldaten der größte Truppensteller des 49. deutschen Einsatzkontingents KFOR (Kosovo Force). Weidens Bürgermeister Kurt Seggewiß (SPD) besuchte die Soldaten in Pristina und Prizren, um zu sehen, wie es ihnen geht. Für die Truppe hatte er nur Lob übrig: "Die Bundeswehr hat hier im Kosovo einen verdammt guten Job gemacht." (jut)
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